17.11.2013, 13:32
Der FAZ-Autor argumentiert von einer hohen ethisch/moralischen Position aus:
außerdem bemüht er in seiner Argumentation die Menschenwürde:
Und tatsächlich besagt die Allgemeine Erklärung der Menschenrechte
Wenn man diesen Artikel also ernst nehmen möchte könnte man sich fragen, ob Prostitution eine Verletzung der Menschenwürde darstellt, so wie der Autor es darstellt. Die Position von Frau Schwarzer ist hier ja eindeutig, der Autor führ zudem an, das Prostitution Ausbeutung sei:
Hier fängt es tatsächlich an, absurd zu werden: das Recht auf Selbstbestimmung der Prostituierten wird mit Vergleichen (Organhandel und "Zwergenweitwurf") relativiert, die mir auf den ersten Blick doch sehr dumpf erscheinen.
Interessant ist allenfalls, das der Autor "Selbstausbeutung" mit der Ausbeutung durch Dritte gleichsetzt. Dieser Argumentation kann ich so nicht folgen. Mal abgesehen davon, das ich solche "Selbstausbeutung" auch schon in anderen Berufsfeldern gesehen habe, Kollegen die weit mehr als 60 Stunden pro Woche arbeiten, um beruflich voran zu kommen. Das ist meiner Meinung nach kein Argument gegen Prostitution, das ist ganz klar ein Problem in unserer sog. "Leistungsgesellschaft". Vielleicht fehlt dem durch einen sehr komfortablen Tarifvertrag geschützten Herrn Redakteur aber auch nur der Überblick über die Realität auf dem deutschen Arbeitsmarkt...
Wie dem auch sei, wenn man dieser Argumentation folgt, das Prostitution mit der Würde des Menschen unvereinbar ist, dann müsste man sie natürlich auch verbieten. Sowohl das Grundgesetz, als auch die UN-Menschenrechte stellen hier nämlich die Würde des Menschen vor sein Recht auf Selbstbestimmung. Das erscheint im Kontext von Sklavenhandel logisch, man möchte schließlich verhindern, das sich jemand wünscht Sklave zu sein.
Aber genau hier wird es für mich schwierig. Die UN-Menschenrechte gehen davon aus, das "Alle Menschen ... mit Vernunft und Gewissen begabt (sind)", also frei entscheiden können. Eine Prostituierte, die sich für ihren Beruf freiwillig entscheidet, mit einem Sklaven vor 200 Jahren, der als Sklave geboren und als Sklave erzogen worden ist und sich kein anderes Leben als das eines Sklaven vorstellen kann, halte ich für verwegen. Und, was ist mit anderen "dienenden" Berufen, wie z.B. Krankenpfleger, Butler, oder mit Angestellten im Hotel- und Gaststättengewerbe?
Ich habe irgendwie das Gefühl, das diese ganze Argumentation sehr theoretisch ist. Je mehr man sich der Praxis nähert, desto weniger scheinen diese (wirklich wichtigen) Grundrechte auf die reale Situation der Prostituierten zu passen. Zumindest habe ich noch keine Prostituierte getroffen, bei der ich das Gefühl hatte, sie würde zur Prostitution gezwungen.
Bei der "Selbstausbeutung" sieht es zwar etwas anders aus, da sind mir Fälle bekannt, wo Frauen mit dem Geld, das sie hier verdienen, ihre Familie in Südost-Europa durchbringen. Aber das generelle Armutsgefälle in Europa ist ein komplett anderes Problem, das man auch nicht mit einem Prostitutionsverbot in Deutschland in den Griff bekommt.
Diese ganze Diskussion wirft für mich ein paar Fragen auf:
Gruß,
Wanker
VOLKER ZASTROW (FAZ) schrieb:Eine Gesellschaft, die Prostitution hinnimmt, mutet allen - allen! - Frauen und Mädchen zu, das käufliche Geschlecht zu sein. Sie toleriert gleichgültig das Fortbestehen einer furchteinflößenden Perspektive des Frauenlebens. Allein das schon ist Gewalt.
außerdem bemüht er in seiner Argumentation die Menschenwürde:
VOLKER ZASTROW (FAZ) schrieb:Das Aufgeben der Menschenwürde ist logisch keine Option von Autonomie. Unter Menschen, die einander respektieren, kann Sexualität keine Handelsware sein. In einer Gesellschaft, die sich selbst respektiert, auch nicht.
Und tatsächlich besagt die Allgemeine Erklärung der Menschenrechte
- Artikel 1: Alle Menschen sind frei und gleich an Würde und Rechten geboren. Sie sind mit Vernunft und Gewissen begabt und sollen einander im Geiste der Brüderlichkeit begegnen.
- Artikel 4: Niemand darf in Sklaverei oder Leibeigenschaft gehalten werden; Sklaverei und Sklavenhandel in allen ihren Formen sind verboten.
Artikel 1.1 Grundgesetz schrieb:Die Würde des Menschen ist unantastbar. Sie zu achten und zu schützen ist Verpflichtung aller staatlichen Gewalt.
Wenn man diesen Artikel also ernst nehmen möchte könnte man sich fragen, ob Prostitution eine Verletzung der Menschenwürde darstellt, so wie der Autor es darstellt. Die Position von Frau Schwarzer ist hier ja eindeutig, der Autor führ zudem an, das Prostitution Ausbeutung sei:
VOLKER ZASTROW (FAZ) schrieb:Die rot-grüne Koalition hatte 2002 die Strafbarkeit der „Förderung der Prostitution“ abgeschafft ... um die Prostituierten aus ihrer Entwertung zu befreien, indem man ihre Ausbeutung oder Selbstausbeutung zu Arbeit erklärte, einer gewöhnlichen Dienstleistung.
Hier fängt es tatsächlich an, absurd zu werden: das Recht auf Selbstbestimmung der Prostituierten wird mit Vergleichen (Organhandel und "Zwergenweitwurf") relativiert, die mir auf den ersten Blick doch sehr dumpf erscheinen.
Interessant ist allenfalls, das der Autor "Selbstausbeutung" mit der Ausbeutung durch Dritte gleichsetzt. Dieser Argumentation kann ich so nicht folgen. Mal abgesehen davon, das ich solche "Selbstausbeutung" auch schon in anderen Berufsfeldern gesehen habe, Kollegen die weit mehr als 60 Stunden pro Woche arbeiten, um beruflich voran zu kommen. Das ist meiner Meinung nach kein Argument gegen Prostitution, das ist ganz klar ein Problem in unserer sog. "Leistungsgesellschaft". Vielleicht fehlt dem durch einen sehr komfortablen Tarifvertrag geschützten Herrn Redakteur aber auch nur der Überblick über die Realität auf dem deutschen Arbeitsmarkt...
Wie dem auch sei, wenn man dieser Argumentation folgt, das Prostitution mit der Würde des Menschen unvereinbar ist, dann müsste man sie natürlich auch verbieten. Sowohl das Grundgesetz, als auch die UN-Menschenrechte stellen hier nämlich die Würde des Menschen vor sein Recht auf Selbstbestimmung. Das erscheint im Kontext von Sklavenhandel logisch, man möchte schließlich verhindern, das sich jemand wünscht Sklave zu sein.
Aber genau hier wird es für mich schwierig. Die UN-Menschenrechte gehen davon aus, das "Alle Menschen ... mit Vernunft und Gewissen begabt (sind)", also frei entscheiden können. Eine Prostituierte, die sich für ihren Beruf freiwillig entscheidet, mit einem Sklaven vor 200 Jahren, der als Sklave geboren und als Sklave erzogen worden ist und sich kein anderes Leben als das eines Sklaven vorstellen kann, halte ich für verwegen. Und, was ist mit anderen "dienenden" Berufen, wie z.B. Krankenpfleger, Butler, oder mit Angestellten im Hotel- und Gaststättengewerbe?
Ich habe irgendwie das Gefühl, das diese ganze Argumentation sehr theoretisch ist. Je mehr man sich der Praxis nähert, desto weniger scheinen diese (wirklich wichtigen) Grundrechte auf die reale Situation der Prostituierten zu passen. Zumindest habe ich noch keine Prostituierte getroffen, bei der ich das Gefühl hatte, sie würde zur Prostitution gezwungen.
Bei der "Selbstausbeutung" sieht es zwar etwas anders aus, da sind mir Fälle bekannt, wo Frauen mit dem Geld, das sie hier verdienen, ihre Familie in Südost-Europa durchbringen. Aber das generelle Armutsgefälle in Europa ist ein komplett anderes Problem, das man auch nicht mit einem Prostitutionsverbot in Deutschland in den Griff bekommt.
Diese ganze Diskussion wirft für mich ein paar Fragen auf:
- Ist Prostitution wirklich ein Problem in Deutschland?
- Wenn ja, wo sind die Fakten, die Zahlen, die belegen, das es ein relevantes Problem ist?
- Wenn nicht, dann würde mich interessieren, wem diese Diskussion nutzt (außer Frau Schwarzer, die ihr Buch verkauft), und wie?
Gruß,
Wanker