Wer wird Fußball-Weltmeister 2010?

[charly]

wenn die Jungs mal wieder nicht so spielen wie erwartet ... mir gab der folgende Artikel Trost ...

Freitag, 18. Juni 2010

"Vollpfostin" oder "Morgenlatte"
Warum WM-Tippspiele nerven
von Volker Probst

Na, machen Sie auch gerade bei einem WM-Tippspiel mit? Liegen Sie in Führung? Dann haben Sie sicher keine Ahnung von Fußball. Das ist Gesetz. Gottgegeben und für alle Zeiten.

Um eines gleich mal klar zu stellen: Ich gehöre nicht zu den ewigen Losern. Nein, ICH habe schon einmal ein WM-Tippspiel gewonnen. Jawoll. 1998 war das. Ich habe 220 Mark (ja, damals waren es noch Mark) abgesahnt und bekam von meiner Freundin eine Medaille verliehen – ein Stück Pappe mit meinem Foto drauf an einem Geschenkband. Die hüte ich bis heute selbstverständlich wie meinen Augapfel. Schließlich ist sie Zeugnis meines einzigen Triumphs bei allen Welt- und Europameisterschaften, die ich in tippfähigem Alter bislang miterlebt habe. Und das waren jetzt schon einige, um nicht – schluchz ­– zu sagen, zu viele.

Nun könnte man sich ja zurücklehnen und sagen: Immerhin, ICH war schon einmal Weltmeister. Einmal. So wie England in echt. Man könnte eine Flasche Ale öffnen, sich EINEN Sieger-Stern (aus Pappe ist auch der schnell gebastelt) auf die Brust kleben und still und vergnügt "Football's coming home" vor sich hin singen. Man könnte. Aber mal ehrlich: Das wäre, als wenn England nach 1966 entschieden hätte, nicht mehr zur WM anzutreten. Oder als ob Jogis Jungs "Schland o Schland"-gröhlend den Dienst verweigerten, weil Deutschland schließlich schon DREIMAL Weltmeister war. Nix da! Ich will nicht England sein. Sondern Deutschland. Noch besser 5-fach-Weltmeister Brasilien. Mindestens.

Deshalb steht natürlich völlig außer Frage, dass ich auch bei der jetzigen WM die vergifteten Angebote der lieben Kollegen und Freunde, an ihrer Tipprunde teilzunehmen, angenommen habe. Da simmer dabei, dat is prima. Schnell den WM-Kicker gekauft und studiert. Ein paar Wissenslücken über Sloweniens Qualifikations-Bilanz oder die taktische Ausrichtung Nordkoreas gilt es aufzufrischen. Dann aber losgetippt! Ich mache gleich in zwei Tipprunden mit – bei meinen "Freunden" und auf der Arbeit. Ich nenne mich Valderrama – man erkennt sofort die Mordsspaßkanone mit WM-Ahnung. Und ich bringe meinen Einsatz – jeweils 10 Euro. Wir haben's ja.

Achtung Buchmacher - ich komme!
Ich bin mir sicher: Ich werde Weltmeister. Am besten gleich doppelt, in beiden Tipprunden. Dann hätte ich bereits deutsches Niveau. Drei Sterne. Und bis zum Ende meines Lebens gäbe es eine realistische Chance, Brasilien zu überrunden.

Meine Tipps sind schließlich brillant. Sie strahlen Fachwissen aus, das kann jeder sehen. Statt in diesen lächerlichen 10-Euro-Tippspielchen mitzumachen, sollte ich eigentlich meine gesammelten Ersparnisse zum Buchmacher schleppen. Dann würde meine Weltmeisterlichkeit wenigstens auch angemessen entlohnt.

Es dauert ungefähr eineinhalb Spieltage, bis ich froh bin, dass ich meine Ersparnisse nicht zum Buchmacher gebracht habe. Irgendwie scheint es den Tölpeln, die da in Südafrika über den Rasen stolpern, an jedwedem Fachwissen zu mangeln. Die Franzosen schaffen gegen Uruguay nur ein 0:0? Argentinien haut Nigeria nicht höher als 1:0 weg? Und England, oh ja, England spielt gegen die USA auch nur unentschieden? Meine lieben Engländer, so wird das nie etwas mit eurem zweiten Stern. Was aber viel schlimmer ist: Mit meinem auch nicht. Und was das Allerschlimmste ist: Im Tippspiel auf meiner Arbeit führt "Vollpfostin".

Ein Freund, ein guter Freund
Wenig später ruft mich einer meiner "Freunde" an. "Na, Du hast ja Ahnung", sagt er, und man kann am Telefon praktisch seinen Geifer vor Süffisanz aus den Mundwinkeln tropfen hören. In dieser Tipprunde bin ich gerade Vorletzter. Oder Drittletzter. Oder so. Genau will ich es gar nicht wissen. Und wer führt, schon gleich gar nicht. Wahrscheinlich ist es irgendjemand, der sich "Morgenlatte" nennt.

O.k., ich könnte ja – wenn auch schwer – noch damit leben, gegen einigermaßen gleichwertige Gegner in Rückstand zu geraten. Gegen die, die aus der Pistole geschossen wissen, wer beim Freundschaftsspiel Deutschland - Bulgarien 1973 das 3:0 geschossen hat. Gegen die, die einem bei einem Anruf während der Sportschau die Freundschaft kündigen. Oder wenigstens gegen die mit einem Kicker-Jahresabo. Menschen eben, denen man zutraut, dass sie auch England sind. Oder vielleicht schon Deutschland? Oder gar Brasilien?!? Mich durchfährt ein Schauer. Nein, das darf nun auch wieder nicht sein!

Ich blicke auf die "Kicktipp"-Tippübersicht auf meinem Monitor. Da steht: "1.: Vollpfostin". Und ich atme auf. Denn wir alle wissen: Das hat Methode. Fußball-Tippspiele gewinnt normalerweise nie jemand, der auch nur einigermaßen Ahnung von Fußball hat. Das ist Gesetz. Weltweit. Gottgegeben und für alle Zeiten. Dass mir das 1998 geglückt ist, habe ich ganz offensichtlich irgendeinem Fehler im System zu verdanken. Einer günstigen Sternenkonstellation. Oder der Tatsache, dass die Quersumme von 1998 meinem damaligen Alter entsprach.

Mein Schauer ist verflogen. Ich bin mir sicher: Es gibt gar keinen Tippspieler, der Deutschland oder Brasilien ist. Zumindest niemand, der etwas von Fußball versteht. Und da Artikel mit der Überschrift "Warum WM-Tippspiele nerven" bestimmt auch nur von Fußball-Interessierten gelesen werden, ist unter Ihnen sicher auch niemand. Träumen Sie schön weiter! Ich lehne mich jetzt zurück und öffne mir eine Flasche Ale. It's coming home, it's coming home, it's coming, Football's coming home …

Quelle: n-tv.de

gruss charly, der sich in kollegialer Wettrunde eben jener Vollpfostin wohl geschlagen geben muss ... zumindest in den Gruppenspielen ... und danach werden die Karten neu gemischt