16.08.2009, 12:57
Tyron schrieb:Du meinst also das z.B. ein Kind einer alleinerziehenden Mutter, das täglich von 2,70 Euro leben muß, nicht arm ist?
Gruß von einem "Schwachkopf"
Lieber Tyron, ich kann mir nicht erklären, weshalb Du Dich aufgrund meines allgemein gehaltenen Postings als "Schwachkopf" angesprochen fühlst. Allerdings kann ich Dir wegen Deinem vorstehenden Posting auch nicht wirklich widersprechen.
Wo bitte habe ich irgendetwas in der Richtung gesagt, wie Dein obenstehendes Zitat suggiert? Ich kann mir nicht vorstellen, dass Du ein entsprechendes Posting von mir dazu finden wirst. Denn für mich gehören Alleinerziehende (Mütter und Väter!) zu einer der ganz wenigen Bevölkerungsgruppen, die definitiv Unterstützung vom Staat bekommen sollten und bei denen die Zahlung von Transfereinkommen (an die arbeitsfähige Bevölkerung) notwendig und gerechtfertigt ist.
Übrigens, falls Du es noch nicht wusstest: Armut kann auf verschiedende Art und Weise definiert werden. Die bei uns übliche Variante ist die Messung der relativen Armut. Demnach gilt als armutsgefährdet, wer weniger als 60 % des Durchschnittseinkommens (genauer: Nettoäquivalenzeinkommen) zur Verfügung hat. Genau diese Zahl geistert auch immer durch die Medien, wenn es um den Anteil der "armen" Menschen geht - wobei die Zahl aber den Anteil der armutsgefährdeten Menschen wiederspiegelt.
Egal welches Wohlstandsniveau wir erreichen - es wird also nach der Definition der relativen Armut immer "arme" Menschen bei uns geben.
Wenn man meint (bei gleichbleibender Definition der Armut), im Mehrjahresvergleich eine zunehmende oder abnehmende Armut erkennen zu können, so ist dies zwar eigentlich nicht verkehrt. Aber: Leider werden die zugrundeliegenden Zahlen immer wieder leicht abgewandelt und demensprechend manipuliert. Nicht ohne Grund kann man mit steigenden Armutsraten vorzüglich Politik machen. Wer mag, wird darüber im Web massenweise Artikel aus allen möglichen Blickwinkeln dazu finden.
Außerdem: Wer sagt, dass jemand der Arbeitslosengeld oder Hartz IV bekommt unbedingt wirklich "arm" ist? Ich verstehe nicht, wie der Staat, z.B. jungen gesunden Männern (und kinderlosen Frauen) im Alter zwischen 20 und 35-40 Jahren überhaupt Transfereinkommen zahlt. Welchen Anreiz haben diese Leute denn überhaupt zu arbeiten (ausser vielleicht sich durch Schwarzarbeit noch nebenher was zu verdienen)? Nur mal so als Beispiel: Angenommen es würden immer weniger Schüler ihren Schulabschluss schaffen oder ihre Lehre vorzeitig abbrechen. Dann könnten sie mangels Qualifikation kaum ein halbwegs vernünftigen Arbeitsplatz bekommen. Also verdienen sie entweder wenig (in Höhe des Existenzminumums bzw. auf Hartz IV-Niveau) oder sie sind ohnehin direkt auf Transferzahlungen angewiesen. Die Frage ist nur, ob man dann bei einer steigenden Zahl von armutsgefährdeten Personen auch gleichzeitig von einer steigenden sozialen Ungerechtigkeit sprechen kann.
Da also quasi definitionsgemäß auch alle jene als arm gelten, die Transfereinkommen beziehen, ist allein dadurch schon eine Verzerrung der von Armut betroffenen Menschen gegeben.
Wer wissen will, wie ein System funktioniert, in dem alle Menschen den "gleichen" Wohlstand erreichen bzw. besitzen können, braucht sich nur mal die DDR oder andere Systeme anzuschauen. Gerade in sozialistischen Systemen war (und ist, vgl. Kuba, Nordkorea) die wirkliche Armut und das sehr niedrige Wohlstandsniveau mehr als offensichtlich. Aber klar, wenn es allen gleich schlecht geht ist ja wieder alles im Lot... Der Neidfaktor lässt grüßen!
Ich will damit nicht sagen, dass bei uns jetzt alles so in Ordnung ist. Wer aber immer nur nach mehr Umverteilung ruft und meint, Deutschland wäre unsozial, der lebt in einer Scheinwelt.
Hierzu gleich noch ein Beispiel, dass die Umverteilung in gewissen Grenzen doch gut funktioniert: Beinahe die Häfte aller Privathaushalte zahlen überhaupt keine Einkommensteuer. Knapp Drei-Viertel aller Steuerpflichtigen tragen nur zu gut 20 % des Steueraufkommens bei. Während 20 % der gutverdienenden Steuerpflichtigen zu 80 % des Steueraufkommens beitragen. Die am besten verdienenden Steuerpflichtigen (ab 66.ooo Euro Jahresverdienst) mit einem Anteil von 8 % tragen zur Hälfe der gesamten Einkommensteuer bei.
Hey, es ist doch wirklich nicht so schwer, sich eine eigene Meinung zu bilden! Keiner sollte irgendwelche Parolen/Aussagen von linken oder rechten Politikern (incl. der Parteien in der "Mitte") sowie Stammtischparolen einfach so nachplappern. Obwohl das natürlich bequem ist. Ich kann gut nachvollziehen, dass einige froh sind, dass nun "der Kapitalismus" eine böse Schlappe wegen der aktuellen Krise erlitten hat. Und viele Dinge, die in der Finanzwelt gelaufen sind, waren tatsächlich auch katastrophal. Nur, wollt ihr deswegen jetzt den Sozialismus einführen? Davon abgesehen, wir haben keinen puren Kapitalismus, sondern eine soziale Marktwirtschaft - auch wenn diese natürlich nicht immer ihren Namen verdient.
Auf ein ebenfalls etwas plattes Statement von tyron zum Thread "Unsere Gesellschaft" habe an dieser Stelle etwas ausführlicher geantwortet und ebenfalls darauf hingewiesen, dass es sinnvoll ist, die Dinge etwas differenzierter zu betrachten.
Zu einem anderen Thema schrieb tyron Folgendes:
Tyron schrieb:Ja die Italiener sind das Schlimmste was in den Clubs rumläuft. Kein Volk verhält sich peinlicher, kindischer und unverschämter als die
Ich habe vor einigen Jahren auch eine Menge Deutsche an bekannten Urlaubsorten in Europa getroffen. Und mein erster Gedanke war: Ich schäme mich für Deutschland. So wie sich dort wirklich sehr viele Deutsche aufgeführt haben, war offensichtlich nur ein Schluss zulässig: "Die Deutschen sind die Allerschlimmsten. Kein Volk verhält sich arroganter, peinlicher und unverschämter als die". Na, merkst Du was, tyron?
Gruß, miloca
Wege entstehen dadurch, dass wir sie gehen.
(Franz Kafka)
(Franz Kafka)